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Trierer Persönlichkeiten aus über 2000 Jahren: Oswald von Nell-Breuning

Oswald von Nell-Breuning (1890-1991)
Oswald von Nell-Breuning (1890-1991)

Oswald von Nell-Breuning ist eine Persönlichkeit, die wie nur wenige andere als epochale Gestalt deutscher Zeitgeschichte im 20. Jahrhundert gilt. In seinem mehr als 100-jährigen Leben setzte sich der Theologe und Sozialwissenschaftler unermüdlich für eine gerechte Gesellschaftsordnung ein, die dem Menschen Selbstverwirklichung durch Arbeit ermöglicht. Für Kardinal Karl Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, war es ein Hauptziel Nell-Breunings, „für eine gerechte Ordnung zwischen Kapital und Arbeit einzutreten und die Rechte der Arbeitnehmer einzufordern, ohne die Funktionsfähigkeit wirtschaftlichen Handelns aufs Spiel zu setzen.“

Oswald von Nell-Breuning wurde am 8. März 1890 als Sohn einer alteingesessenen Trierer Familie geboren und studierte Theologie und Philosophie. 1911 trat er in den Jesuiten-Orden ein. Zehn Jahre später folgte die Priesterweihe. Mit den „Grundzügen der Börsenmoral“ beschäftigt sich seine 1928 veröffentlichte Dissertation. Noch im selben Jahr wurde er als Professor an die philosophisch-theologische Hochschule St. Georgen nach Frankfurt/Main berufen, der er bis zum Lebensende verbunden blieb.

Sozial-Enzyklika

Nell-Breuning leistete grundlegende Vorarbeiten für die 1931 erschienene Sozial-Enzyklika „Quadragesimo Anno“ von Papst Pius XI. Während der NS-Gewaltherrschaft hatte er von 1936 bis 1945 Schreib- und Publikationsverbot. 1944 wurde Nell-Breuning wegen angeblicher Devisenvergehen zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt, brauchte die Strafe aus „Gesundheitsgründen“ aber nicht mehr anzutreten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er zu einem hoch angesehenen Berater bundesdeutscher Politiker, unter anderem im Wirtschafts-, Städtebau- und Familienministerium. Der Jesuit übte einen erheblichen Einfluss auf die sozial- und wirtschaftspolitische Entwicklung aus, zum Beispiel beim Familienlastenausgleich oder in der Rentenpolitik. Nell-Breuning hatte auch maßgeblichen Anteil an der Annäherung von christlicher Arbeitnehmerbewegung und Gewerkschaften, was vorher als fast unmöglich gegolten hatte.

1981 Trierer Ehrenbürger

Der Theologe warf in der Diskussion um eine gerechte Gesellschaftsordnung Fragen auf, die im Zeitalter der Globalisierung aktueller den je sind und setzte sich immer wieder mit dem ebenfalls aus Trierer stammenden Philosophen Karl Marx auseinander. Nell-Breuning konnte an seinem 100. Geburtstag auf ein äußerst schöpferisches Leben zurückblicken: Seine Bibliografie listet mehr als 1800 Veröffentlichungen auf. Der Theologe war nie ein weltfremder Gelehrter. Er nahm leidenschaftlich am politischen und gesellschaftlichen Leben seiner Zeit teil, ließ sich aber von keiner Interessengruppe vereinnahmen.

Oswald von Nell-Breuning starb am 21. August 1991 in Frankfurt. Seine Geburtsstadt ehrte ihn unter anderem 1981 mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde. Außerdem verlieh die Stadt Trier 2003 erstmals den Oswald-von-Nell-Breuning-Preis, um die inhaltliche Auseinandersetzung mit seinem Lebenswerk zu fördern.