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23.02.2016

Anlaufstelle für alle Generationen

Foto: Blick in die Küche des Treffpunkts am Weidengraben
Jürgen Schaefer und Ingrid Klemp gehören zu den ehrenamtlichen Helfern im Treffpunkt am Weidengraben, die das Essen für die Senioren vorbereiten.
Die Verbesserung der Lebenssituation der Menschen ist ein Ziel der Gemeinwesenarbeit (GWA). In Trier gibt es sie mit spezifischen Ausprägungen und Entstehungsgeschichten in verschiedenen Stadtteilen. Die Rathaus Zeitung stellt die fünf Standorte vor. Nach einem einführenden Artikel zur GWA in der vergangenen Woche, geht es weiter mit dem Treffpunkt am Weidengraben (taw) in Neu-Kürenz.

45 Senioren lassen sich an diesem Mittag im Januar das Essen schmecken. Sie sind zum Neujahrsessen des Vereins Treffpunkt am Weidengraben (taw) nach Neu-Kürenz gekommen. Er ist Zentrum und Anlaufstelle für alle Bürgerinnen und Bürger des Stadtteils und darüber hinaus und bietet Raum für Begegnung und Freizeitgestaltung – für sämtliche Generationen. Angefangen beim integrativen Hort, einer Einrichtung für 30 Kinder, über die offene Jugendarbeit im Jugendzentrum mit Tonstudio, Kegelbahnen und einem Jugendbüro als Anlaufstelle bis hin zur Familienhilfe und Schulsozialarbeit.

Im Rahmen der GWA, die aus einem Forschungsprojekt der Universität in Kooperation mit einer Wohnungsbaugesellschaft entstand, ist vor allem die Seniorenarbeit ein Schwerpunkt. Aber auch eine Krabbelgruppe, einen Spielekreis und Lerntreffs gibt es. Für die Senioren existiert eine Vielzahl an Angeboten: Der zweimal im Monat stattfindende Mittagstisch, ein Sing- und Tanzkreis und ein Kurs zur Rückengymnastik. „Unser Singkreis ist für viele Senioren das Highlight der Woche“, weiß der Leiter des taw, Stefan Zawar- Schlegel.

Auch Hilfestellungen und Beratung in den verschiedensten Bereichen zeichnen die Arbeit der Einrichtung aus. „Wir sind in den unterschiedlichsten Lagen des Lebens Ansprechpartner“, sagt Zawar-Schlegel. Auch für die Flüchtlinge, die Ende vergangenen Jahres in das unweit vom taw gelegene Burgunderviertel eingezogen sind. Sie nutzen vor allem die angebotenen Sprachkurse: „Derzeit kommen zweimal pro Woche etwa 15 Leute, aber ich bin mir sicher, dass die Zahl noch wachsen wird“, sagt Sozialarbeiterin Laksmi Anhäuser. Auch werde das Angebot erweitert: So findet künftig freitags in Kooperation mit der AG Frieden ein Treffen nur für Frauen statt.

Ehrenamtler im Einsatz

„Ein ganz großer Teil unserer Arbeit hat mit Spaß und Geselligkeit zu tun“, sagt Anhäuser. Doch die Menschen des Stadtteils kommen auch mit ihren privaten Sorgen und Problemen zu ihr. Da geht es um Fragen, die Bürokratisches betreffen, um Schulden, familiäre Probleme und bei Jugendlichen um Hilfe bei Bewerbungen und der Berufsfindung. Auch die Senioren erzählen ihr private Dinge, bei denen es häufig um Krankheit und Tod gehe. „Der Schlüssel ist, dass es eine offene Arbeit ist. Die Menschen kommen freiwillig und sie wissen, es ist immer jemand da, der versucht, ihnen zu helfen“, sagt Anhäuser. Auch Zawar- Schlegel weiß: „Waren sie einmal hier, kommen sie gerne wieder.“ Dies liege auch an der hohen personellen Kontinuität der 25 Mitarbeiter im taw, was erheblich dazu beitrage, Vertrauen aufzubauen. Ein wichtiger Pfeiler der Arbeit im taw sind neben den Hauptamtlichen die Ehrenamtler, die sich in vielfältiger Weise für den Stadtteil engagieren, egal, ob sie nun kochen oder Sprachunterricht geben. Für sie findet einmal monatlich ein Treffen statt. „Der Austausch untereinander ist sehr wichtig und wir bekommen einiges zur aktuellen Situation mit und können reagieren“, sagt Zawar- Schlegel.

Zu den Herausforderungen des Wohnquartiers „Am Weidengraben“ zählt Zawar-Schlegel die hohe Bevölkerungsdichte auf einem kleinen Areal. Entstanden ist das Quartier in den 60er Jahren mit dem Bau der vier- bis neungeschossigen Häuser, die im Zentrum liegen. Am Weidengraben wohnen circa 2700 Menschen, rund ein Drittel der Haushalte lebt in öffentlich gefördertem sozialen Wohnungsbau. Es gebe eine gute Durchmischung an Menschen, die nicht in prekären Lebensverhältnissen lebten, erläutert der Pädagoge und Betriebswirt. Zawar-Schlegel arbeitet seit 17 Jahren im taw und stellt fest: „Unsere Arbeit trägt Früchte.“ Das Haus sei sehr gut im Stadtteil vernetzt und habe mittlerweile eine andere Akzeptanz als früher. Dies spüre er beispielsweise an dem deutlicheren Zuspruch der Senioren und daran, dass auch Leute von außerhalb kommen würden. „Wenn es uns nicht gäbe, wäre der Stadtteil deutlich ärmer“, sagt er selbstbewusst.

Für die Zukunft wünschen sich Anhäuser und Zawar-Schlegel vor allem, die neu angekommenen Menschen im Burgunderviertel in den Stadtteil einzubinden. Die bisherigen Treffen hätten sie positiv gestimmt, erzählt Zawar-Schlegel. „Die Flüchtlinge wollen sich integrieren, sie sind wissbegierig“, berichtet er. Ebenso solle Integration aber auch in die andere Richtung gedacht werden. Deswegen wünscht er sich einen Arabisch-Sprachkurs. Im Frühling soll es ein gemeinsames Fest in der Louis- Pasteur-Straße im Burgunderviertel geben. „Die Begegnung muss ermöglicht werden, das ist unser Auftrag“, sagt der Pädagoge.