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08.09.2009

Familienbewusstsein zahlt sich aus

Beginn eines ehrgeizigen Prozesses: Im Juni 2008 nahm Beigeordnete Simone Kaes-Torchiani in Berlin aus den Händen von Staatssekretär Jochen Homann stellvertretend für das Rathaus Trier das Grundzertifikat Audit berufundfamilie entgegen.
Beginn eines ehrgeizigen Prozesses: Im Juni 2008 nahm Beigeordnete Simone Kaes-Torchiani in Berlin aus den Händen von Staatssekretär Jochen Homann stellvertretend für das Rathaus Trier das Grundzertifikat Audit berufundfamilie entgegen.
Für Oberbürgermeister Klaus Jensen ist die Auszeichnung des Trierer Rathauses für eine nachhaltige Umsetzung einer familienbewussten Personalpolitik durch die gemeinnützige Hertie-Stiftung zwar eine willkommene Bestätigung bisheriger Arbeit, aber mehr noch ein Ansporn, die Bestrebungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter zu forcieren. Es sei ihm erklärtermaßen eine „Herzensangelegenheit“, die Rahmenbedingungen innerhalb der Verwaltung so zu gestalten, dass Arbeitgeber und Mitarbeiter gleichermaßen profitierten. Zu Beginn einer Fortbildungsveranstaltung für die Führungskräfte der Trierer Stadtverwaltung betonte Jensen, Unternehmen seien gut beraten, die betrieblichen Verhältnisse so zu gestalten, dass familiengerechte Arbeitswelten entstünden. Eine familienbewusste Personalpolitik rechne sich, weil sie zu Wettbewerbsvorteilen in der Personalentwicklung führe, positive Auswirkungen auf die Produktivität der Mitarbeiter habe und die Rekrutierung neuer Fachkräfte erleichtere.

Gewinner oder Verlierer

Eine Einschätzung, die Professor Jutta Rump, Institut für Beschäftigung und Employability, bestätigte und eindrucksvoll mit Daten unterlegte.
Angesichts der demografischen Entwicklung – Deutschland altere und schrumpfe – werde schon in den allernächsten Jahren entschieden, welche Regionen, Kreise und Städte zukünftig zu den Gewinnern oder aber den Verlierern gehören. Bei der Stadtverwaltung Trier mache der Anteil der 51- bis 60-jährigen Mitarbeiter momentan 26 Prozent aus, das Durchschnittsalter liege bei 44 Jahren. Schon in  zehn Jahren werde, gehe die Entwicklung unverändert weiter, das Durchschnittsalter der städtischen Bediensteten bei 51 Jahren liegen. 2019 betrage der Anteil der 51- bis 60-jährigen 34 Prozent, der Anteil der über 60-jährigen steige von knapp vier auf dann über 25 Prozent. Wenn Unternehmen, Kommunen oder Regionen jetzt zielgerichtet in die Vereinbarkeit von Beruf und Familien investierten, sei das ein nicht zu unterschätzender Standortvorteil. Dazu komme auch, dass sich das Engagement von Unternehmen für familiäre Belange der Beschäftigten durchaus auch betriebswirtschaftlich rechne. Die Ausgaben für flexible Arbeitszeitkonzepte, Telearbeit oder die Vermittlung von Betreuungsangeboten seien deutlich geringer als die durch Neubesetzung, Fehlzeiten, Überbrückungszeiten und Fluktuation verursachten Kosten.

Pflege und Beruf

Die öffentliche Diskussion um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie habe sich bisher fast ausschließlich auf die Balance zwischen Beruf und Elternschaft und Fragen der Kinderbetreuung konzentriert, so Professor Rump. Künftig werde das Thema Pflege die Bedeutung der Familie verdrängen. Immer mehr Menschen stünden vor der Herausforderung, ihre Erwerbstätigkeit mit der Pflege von Angehörigen vereinbaren zu müssen, betonte Professor Rump.

Die Arbeitswelt stehe im Umbruch und viele Unternehmen müssten sich zunehmend mit folgenden Fragen beschäftigen: Wie lassen sich Fachkräfte im Unternehmen binden und für das Unternehmen gewinnen? Wie kann die Lern- und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten unter Berücksichtigung der Verlängerung der Lebensarbeitszeit und des zunehmenden Anteils Älterer gefördert werden? Wie lassen sich junge Menschen für das Unternehmen beziehungsweise die benötigten Berufsbilder begeistern?

Gefragt sei eine „Unternehmens“kultur, die alle Lebensphasen berücksichtige und sich durch folgende Werte auszeichne: Wertschätzung aller Altersgruppen, Akzeptanz familiärer Belange, gegenseitiges Vertrauen, Integrität, Eigenverantwortung, Offenheit und Leistungsbereitschaft.

Mitarbeiterbindung

Einen wichtigen Hinweis aus der jüngeren Forschung gab Professor Rump den Personalverantwortlichen des Trierer Rathauses mit auf den Weg. Während ältere Fachkräfte durch ein höheres Gehalt, Wertschätzung und Anerkennung sowie Beschäftigungssicherheit an einen Arbeitgeber gebunden werden könnten, lege die Mehrheit der jüngeren Fachkräfte zudem Wert auf eine Ausgewogenheit zwischen Arbeits- und Privatleben,
eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Wertschätzung und Anerkennung der eigenen Leistung, interessante Arbeitsinhalte, Perspektiven und Entwicklungschancen sowie Weiterbildungsmöglichkeiten.