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07.05.2024

„Kein freiwilliger Luxus“

Abgesenkter Bordstein mit Rillen vor einem Zebrastreifen, über den viele Menschen gehen
Beim barrierefreien Umbau eines Fußgängerüberwegs ist der abgesenkte Bordstein eine Verbesserung für Rollstuhlfahrer, aber auch für weitere Passanten. Das gilt erst recht, wenn sie zum Beispiel wegen einer Verletzung sowie altersbedingter Beschwerden nicht gut zu Fuß sind oder gerade erst das Laufen lernen. Die Rillen und Noppen helfen vor allem Menschen mit Sehbehinderung.

„Eine barrierefreie Stadt ist kein freiwilliger Luxus, sondern eine Konsequenz des gesetzlich verankerten Anspruchs auf Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger am städtischen Leben.“ Diese Aussage steht im Zentrum eines vom Stadtrat beschlossenen Leitfadens des Beirats für die Belange von Menschen mit Behinderung. Das von Behindertenbeauftragtem Gerd Dahm vorgestellte Dokument enthält unter dem Motto „Auf dem Weg zu weniger Barrieren“ viele Punkte, die über den Baubereich im engeren Sinn hinausgehen.

Die Vorgaben, die die Verwaltung nach der mit 50 Ja-Stimmen und einer Enthaltung getroffenen Entscheidung zu beachten hat, bedeuten auch, dass zum Beispiel bei der Planung und dem (Um)-Bau von Gebäuden Besucherleitsysteme integriert werden müssen. Bei Einrichtungen mit viel Besucherverkehr gibt es noch anspruchsvollere Anforderungen, wie elektronische Informationssysteme. Am Schluss des Leitfadens wird zudem darauf hingewiesen, das mehrere Gestaltungsbereiche noch gar nicht berücksichtigt wurden, wie Digitalisierung/Kommunikation, Bildung und Wohnen. Bei dem letzten Schwerpunkt geht es unter anderem um Kurzzeitpflegeplätze für Menschen mit Behinderung zur Entlastung von deren Angehörigen. Zudem wünschen sich immer mehr Betroffene ein stärker selbstbestimmtes Leben. Hier wird als erster Schritt eine fundierte Ermittlung des Bedarfs gefordert, als Basis für Planungen in enger Abstimmung mit Investoren, der Wohnungswirtschaft, potenziellen Trägern von Einrichtungen und den Betroffenen. Bei bautechnischen Fragen im engeren Sinn bietet der Leitfaden eine kompakte Zusammenfassung der wichtigsten Anforderungen, unter anderem bei Rampen, Fußgängerquerungen, dem ÖPNV sowie von Treppen im öffentlichen Straßenraum.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der aus der UN-Behindertenrechtskonvention in den Leitfaden übernommen wurde, ist die umfassende Beteiligung von Menschen mit Handicap an Planungen die sie betreffen. Ein aktuelles Beispiel ist die inklusive Umgestaltung von Spielplätzen. Sowohl bei solchen Beteiligungsprozessen als auch bei konkreten Bauvorhaben sieht der Beirat, so Dahm, seine Rolle in einer beratenden Funktion. „Die Vorgaben aus dem Leitfaden sind als eine Art Leitplanke zu verstehen, auch um gerade in einer alten Stadt wie Trier Kompromisse zu ermöglichen.“ Er erneuerte im Stadtrat die Forderung des Beirats, für diesen Aufgabenbereich eine eigene Koordinierungsstelle im Rathaus zu schaffen. 

OB Wolfram Leibe und Sprecher mehrerer Fraktionen bedankten sich im Stadtrat für den Einsatz des Beirats. Das Konzept sei eine fundierte Grundlage für viele anstehende Planungen und Weichenstellungen.

Vom Petra Lohse