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07.05.2024

Weiter geht‘s am Hauptmarkt

Zwei hochgefahrene Poller in der Sternstraße mit Blick Richtung Hauptmarkt
Während am Beginn der Sternstraße (aus Richtung Domfreihof) schon Poller stehen, ist diese Umstellung in dem dahintergelegenen Hauptmarkt nach dem Altstadtfest geplant.

Seit Anfang des Jahres hatte die Stadt intensiv kommuniziert: Bewohner, Handel und Gastronomie sowie die Öffentlichkeit wurden über die 2021 beschlossene Ausweitung der Fußgängerzone informiert und darüber, dass viele der seit langem geltenden Regeln der Straßenverkehrsordnung nun konsequenter durchgesetzt werden. Seit Anfang März sind die Regelungen in Kraft. Es gab Kritik, aber auch viel Zustimmung. Die Rathaus Zeitung fragt nach beim für die Umsetzung zuständigen Dezernenten Dr. Thilo Becker: Was sind seine Erfahrungen, wie reagiert er auf die Kritik und wie geht es weiter?

RaZ: Seit zwei Monaten ist die Fußgängerzone größer geworden, Regeln werden konsequenter durchgesetzt – welches Fazit ziehen Sie?

Dr. Becker: Ich nehme wahr, dass die Menschen im Straßenraum in der Neustraße und in der Konstantinstraße viel selbstbewusster unterwegs sind. Gerade aus der Neustraße gibt es gute Rückmeldungen auch aus vielen Geschäften. Menschen, die zu Fuß gehen, wissen jetzt, sie haben nach 11 Uhr die Straße für sich. Ich glaube, dass wird der Einzelhandel auch spüren. Wenn Autos nach 11 Uhr unterwegs sind, ist der Kontrolldruck höher, das Fehlverhalten wird viel mehr als früher hinterfragt. Kurz: Es wird entspannter flaniert. Ich bin überzeugt, dadurch wird die Innenstadt attraktiver.

Die Poller laufen im Testbetrieb. Problemfrei?

Dr. Becker: Es ist ein technischer Probebetrieb, in dem jetzt auch noch die eine oder andere Kinderkrankheit aufgefallen ist. Wir sind mit dem Hersteller dran, das System so aufzustellen, dass es auch dauerhaft zuverlässig funktioniert. Ich glaube, das ist wie immer: Jedes neue System muss sich erst mal einruckeln. Gute Erfahrungen haben wir mit der Erfassungstechnik gemacht – das funktioniert unserem Eindruck nach sehr zuverlässig.

Wie geht es jetzt weiter, welche Poller kommen als nächstes?

Dr. Becker: In diesem Jahr wird nach dem Altstadtfest der Bereich Hauptmarkt realisiert, also Simeonstraße, Fleischstraße und Brotstraße. Warum der Hauptmarkt? Hochsicherheitspoller dort verhindern die Durchfahrbarkeit der Fußgängerzone – im Hinblick auf die schreckliche Amokfahrt eines der wichtigsten Anliegen des urbanen Sicherheitkonzeptes.

Am Hauptmarkt pulsiert das Leben noch stärker als am Dom oder in der Liebfrauenstraße. Kann man da Poller bauen, ohne das öffentliche Leben, die Feste und Sportereignisse, aber vor allem die Zulieferung an Geschäfte stark zu beeinträchtigen?

Dr. Becker: Jede Baumaßnahme führt zu Beeinträchtigungen. Das hohe Sicherheitsniveau der Poller erfordert, dass man tiefe Fundamente baut. Die Baumaßnahmen werden aber so getaktet, dass sowohl die großen Feste wie auch die Zulieferungen – mit den unvermeidlichen Einschränkungen – funktionieren werden. Wir werden es auf jeden Fall vor dem Weihnachtsmarkt hinbekommen, denn dann muss Triers gute Stube glänzen und gut zugänglich sein.

Während die Poller nicht überall beliebt sind, gibt es etwa aus der Neustraße den Ruf, diese lieber früher als später abzupollern, damit der unerlaubte Verkehr rausbleibt – und das Ordnungsamt nicht Tag und Nacht dort unterwegs sein muss. Wann kann man in diesem Bereich mit einer Pollerkette rechnen?

Dr. Becker: Wenn die Durchfahrtsmöglichkeit durch die Hauptmarkt-Poller unterbrochen ist, geht es natürlich weiter. Dann werden die neuralgischen Zufahrtspunkte in die Fußgängerzone – und dazu gehört sicherlich die Neustraße – auf jeden Fall Vorfahrt bei der Planung bekommen.

Akzeptanzprobleme hat die Erweiterung der Fußgängerzone laut einer IHK-Umfrage auch bei Einzelhändlern. Die größte Kritik gibt es an den Gebühren für Ausnahmegenehmigungen, gefolgt von der Umwidmung von Parkplätzen und die Einschränkung der Lieferzeiten auf den Morgen und Vormittag. Es ist ja eine Testphase – denken Sie angesichts dieser Kritik noch über Änderungen nach?

Dr. Becker: Wir haben Ladezonen neu eingerichtet, die sowohl für Gewerbetreibende als auch für Privatpersonen das kurze Halten für das Holen und Bringen ermöglichen. Außerdem wird aktuell ein Konzept erarbeitet, bei dem wir im engen Dialog mit dem Handel und dem Gewerbe weitere kleinere und größere Maßnahmen vor allem für Anlieferungsfragen entwickeln wollen. Da gibt es wirklich spannende Lösungen mit der Kombination aus moderner Technik und guter Organisation.

Der IHK-Geschäftsführer sagt: „Wenn wir unsere Innenstadt stärken wollen, müssen wir weg von einer Verkehrspolitik, die den Pkw zunehmend diskriminiert, indem Parkgebühren erhöht, Kundenparkplätze gestrichen und Erschwernisse bei der Verkehrsführung eingeführt werden. Man darf sich nicht wundern, wenn dann in der City die Umsätze fehlen.“ Was erwidern Sie ihm darauf?

Dr. Becker: Nicht die Autos machen Umsätze in den Geschäften und der Gastronomie, sondern die Menschen. Die müssen sich in der Fußgängerzone wohl fühlen und gut hinkommen, damit sie viel Zeit in Triers toller Innenstadt verbringen. Autos fühlen sich in den Parkhäusern wohl – allein die SWT- Parkhäuser haben 3200 Plätze, die allesamt günstiger sind als die Parkplätze im öffentlichen Raum. Die Parkhäuser liegen teils mitten drin in der City, schneller und komfortabler kommt man eigentlich nicht zum Einkaufen. Jetzt arbeiten wir daran, dass in den nächsten Jahren auch das 
ÖPNV-Angebot noch besser wird. Das Deutschland-Ticket gibt es schon, die Westtrasse mit dem Personenverkehr der Bahn steht in den Startlöchern. Alle Umsteiger auf den ÖPNV entlasten die Trierer Straßen. 

Die Kritik, die man manchmal hört, dass jetzt ja niemand mehr nach Trier komme und die Stadt aussterbe, deckt sich nicht mit meinem Erleben. Beim verkaufsoffenen Sonntag Ende April war die Stadt voller Menschen, es war fast kein Fahrradbügel mehr frei – die Trierer kommen also auch per Velo zum Einkaufen – und die Parkhäuser waren stark ausgelastet, aber auch nicht komplett dicht.

Das Gespräch führte Michael Schmitz